Weltlehrertag 3.10.2023: Dr. Martin Kubin über den psychiatrischen Gesundheitszustand unserer Kinder

Weltlehrertag 3.10.2023: Dr. Martin Kubin über den psychiatrischen Gesundheitszustand unserer Kinder

Mit dem Vortrag von Dr. Martin Kubin zum Thema „Jetzt schauen wir mal und dann sehen wir weiter. Wie geht es unseren Schülerinnen und Schüler aus Kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht?“ nahmen die Veranstalter ÖAAB, ÖPU u.a. die Tradition der Vortäge anlässlich des Weltlehrertages am 3.10.2023 nach der „Corona-Pause“ wieder auf. Zuletzt sprach am 8.10.2019 Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann in Lustenau zum Thema „Bildung als Provokation“.

Zuerst gab Kubin einen Überblick über den psychiatrischen Gesundheitszustand unserer Kinder und Jugendlichen und den Stand der Beratungsangebote in Vorarlberg. „Unseren Kindern geht es gar nicht gut“, so Kubin, „seit 2021 ist die Zahl der Patienten explodiert. Da hat natürlich auch Corona seinen Anteil.“ Und es fehlt an Fachkräften – er müsse momentan seine Patienten auf Februar 2024 vertrösten.
Die 2017 durchgeführte MHAT-Studie zeigte bereits damals den besorgniserregenden psychischen Zustand unserer Jugend. Die damalige Prävalenz von 10 % Angststörungen, 6,5 % ADHS und 1,5 % Depressionen war bereits vor 6 Jahren alarmierend.

Bei der Behandlung versuche man zuerst eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, die Allparteilichkeit sei ein wichtiger Grundsatz. Auch sei es eine Aufgabe des Arztes kritisch nachzufragen, auch wenn das bei den Betroffenen nicht immer gut ankommt.

Eine der häufigsten Erkrankungen, welche wir im niedergelassenen Bereich sehen und behandeln, sei ADHS – bei Buben häufiger als bei Mädchen; die Gründe seien genetisch, Umwelteinflüsse, Gewalt, Vernachlässigung, psychisch kranke Eltern, geringer sozioökonomischer Status, übermäßiger Medienkonsum – eventuell auch die starke Digitalisierung in den Schulen, nicht als Auslöser, sondern dies müsse man aus Sicht des Psychiaters hinterfragen. Noch mehr Zeit am Tablet?

Weiterhin seien die Lese- und Rechtschreibstörung, sowie Rechenstörung ein Problem – das betreffe 6-8 % der Kinder und Jugendlichen. Hier sei es eine wichtige Aufgabe der Schule sensibel zu sein, bei Anzeichen einer solchen Schwäche sofort ein Gutachten erstellen zu lassen (auch wenn dies nicht mehr rechtlich notwendig ist) und die Kinder entsprechend zu fördern bzw. die Schwächen zu berücksichtigen.
Auch die Depressionen seien ein Problem – international 5-6 %, im Kindesalter 1-3 %, bei Jugendlichen 5,7 %, mehr Mädchen als Burschen. Gründe seien die Trennung der Eltern, schulische Über- oder Unterforderung, die Kommunikation in der Familie, Mobbing, der Tod eines Elternteils und psychisch kranke Eltern. Auch hier sind die Zahlen während der Pandemie explodier und nun aktuell erschreckend höher

Die größte Gefahr sei“, so Kubin, „dass wir nichts tun. Gerade angesichts fehlenden Fachpersonals sei es die Aufgabe aller, sensibel zu sein und auch zu fragen, wenn man den Eindruck hat, es gehe jemandem nicht gut. Da sind vor allem die Lehrer gefordert, nicht nur gegenüber den Schülern, sondern auch bei Eltern und Kollegen. Viele warten und hoffen, dass sie endlich gefragt werden, wie es ihnen geht.“ – „Wir sollten niemals aufgeben!“, schloss Kubin.

Der Vortrag von Kubin in der Landesbibliothek war sehr gut besucht, vor allem natürlich von Lehrerinnen und Lehrer. Im Publikum sah man Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, den pädagogischen Leiter der Bildungsdirektion Andreas Kappaurer, ÖAAB-Obfrau LAbg StR Veronika Marte, ÖPU-Bundesobfrau Eva Teimel, ÖPU-Landesobfrau Michaela Germann und GÖD-Vorsitzenden Andreas Hammerer.

Foto: Lisa Mathis


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